Wennigsen wird in diesem Jahr 50 Jahre alt. Seit mehr als 40 Jahren wird über die Erneuerung der Hauptstraße diskutiert. Am Ende dieses langen Weges wurde heute der Gesamtauftrag zur Sanierung der Hauptstraße vom Verwaltungsausschuss erteilt. Damit wird Wennigsen ein neues Gesicht bekommen! Ein freundliches und einladendes Gesicht, das dafür sorgen wird, dass der Ortsmittelpunkt voller Leben bleibt. Die Wennigser Ratsmitglieder (alle ehrenamtlich tätig!) haben sich im Laufe des 2013 begonnen Verfahrens von der Verwaltung und dem Bürgermeister nicht immer fair behandelt gefühlt. Vertrauensvoller Umgang miteinander hätte möglicherweise finanziell ein besseres Ergebnis gehabt. Deshalb wird nachstehend ein kritisches Fazit gezogen. Das Ziel ist, zukünftig mit komplexen Verfahren besser und erfolgreicher umzugehen.

  • Im gesamten Verfahren gab es von Anfang an Phasen des (scheinbaren) Stillstandes und Phasen von gehetzter Entscheidungsfindung. Die Notwendigkeit dieser Extreme wurde selten wirklich plausibel begründet.
  • Durch die Arbeit der Arbeitsgruppe Hauptstraße zieht sich eine erhebliche Unzuverlässigkeit finanzieller Aussagen wie ein roter Faden. Die Entscheidung für eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme basierte auf der in Aussicht gestellten sehr niedrigen Kostenbeteiligung der Gemeinde.
    Erst deutlich nach der Grundsatzentscheidung wurde klar, dass die Beteiligung der Gemeinde massiv höher wird, weil die beiden anderen Beteiligten (Bund und Land) ihre Beteiligung bei den Kosten pro Quadratmeter deckeln. Diese Deckelung entsprach schon sehr früh nicht mehr annähernd den Kostenschätzungen.
  • Die Planungen selbst wurden auf einer sehr sachlichen Grundlage entwickelt und bis auf ganz wenige Punkte auch in großer Einhelligkeit beschlossen.
  • Bei der gesamten Zeitplanung gab es stets Diskrepanzen zwischen Vorhaben und Umsetzung! Auch die notwendigen Ratsbeschlüsse konnten häufig erst mit Verspätung gefasst werden, weil die sachliche Vorbereitung nicht rechtzeitig erfolgte.
  • Die Ansprache der Anlieger sowie die Klärung von Besitzverhältnissen oder dauerhaften Erlaubnissen zur Nutzung privaten Grundeigentums entsprach nicht den vollmundigen Aussagen zu Beginn. Es ist extrem schleppend voran gegangen und offenbar bis heute nicht in allen Details abschließend geregelt. Es ist nicht auszuschließen, dass dadurch neue Verzögerungen oder Kostensteigerungen im laufenden Verfahren entstehen!
  • Selbst der im Rahmen einer städtebaulichen Sanierung fest vorgesehene Baustellenkümmerer wurde erst nach einem zähen Verfahren bestellt.
  • Die Ratspolitik hat dies oft kritisiert, aber im Interesse des sachlichen Fortschritts mit Unwillen hingenommen. Ratsbeschlüsse wurden trotz oftmals erst sehr kurzfristig fertiggestellter Vorlagen nie vertagt!
  • Aus den zeitlichen Verzögerungen in der Planungsphase wurden schließlich auch zeitliche Verzögerungen bei der Ausschreibung. Die bis dahin offiziell „gehandelte“ Kostenschätzung war offensichtlich längst nicht mehr aktuell. Die Ergebnisse der Ausschreibung sollten dem Verwaltungsausschuss Anfang September 2019 zur Auftragsvergabe vorgelegt werden –bei vorgesehenem Beginn der Maßnahme im Oktober 2019! Bei allen Anbietern lag das günstigste Angebot massiv über den geschätzten Kosten. Dies veranlasste den Bürgermeister, die erste Ausschreibung aufzuheben. Dass dies nur Stunden vor der Sitzung des Verwaltungsausschusses geschah, der eigentlich den Auftrag vergeben sollte und wollte, wurde von fast allen Mitgliedern des Gremiums als Brüskierung verstanden und mit Empörung zur Kenntnis genommen.
  • Als Ergebnis der juristisch korrekten aber politisch fragwürdigen Aufhebung konnte der mehrfach vom Bürgermeister öffentlich verkündete Baubeginn im Herbst 2019 nicht gehalten werden.
  • An der Planung der erneuten Ausschreibung wurde der VA dann wieder beteiligt. Der wieder sehr ambitionierte Zeitplan der erneuten Ausschreibung wurde im VA mehrfach hinterfragt und angezweifelt. Nachdem alle externen und internen Fachleute aber diesen Zeitplan für machbar und sachlich sinnvoll erklärten, wurde das neue Ausschreibungs-Konzept (teilweise zähneknirschend) abgesegnet.
  • Das Ergebnis der erneuten Ausschreibung ist entgegen der optimistischen Aussagen der Fachleute erneut unbefriedigend ausgefallen. Die Gesamtkosten konnten nicht etwa reduziert werden, sondern sie wurden tatsächlich noch einmal höher.
  • Aufgrund des landes- und bundesweiten öffentlichen Investitionsstaus, der die Fachfirmen noch auf Jahre auskömmlich beschäftigen dürfte und aufgrund der sachlich notwendigen Sanierung der Hauptstraße wurde vom Verwaltungsausschuss dennoch der Auftrag erteilt. Eine erneute Ausschreibung würde zu weiteren Verzögerungen und nicht zu günstigeren Angeboten führen – und zu vermehrtem Kopfschütteln bei den Bürgern.
  • Die unterzeichnenden Ratsfraktionen sind davon überzeugt, dass nach mehr als 40 Jahren Debatte im Sinne der Bürger ein ausgewogenes und zukunftsfähiges Konzept umgesetzt wird, trotz der „Bauchschmerzen“ zu den Kosten und zum Verfahren.
  • Die unterzeichnenden Ratsfraktionen legen Wert darauf, dass die Öffentlichkeit erfährt, unter welch schwierigen Bedingungen die Politik ihre Zustimmung letztlich gegeben hat. Als eine Konsequenz wird ein Ratsbeschluss angestrebt, der den Bürgermeister politisch verpflichtet, zukünftig auch die Aufhebung von Ausschreibungen bei Projekten einer bestimmten finanziellen Dimension dem Verwaltungsausschuss zur vorherigen Diskussion und Beschlussfassung vorzulegen. Eine weitere Konsequenz wird sein, die in der Regel sehr ambitionierten Zeitpläne des Bürgermeisters bei komplexen Vorhaben noch kritischer zu hinterfragen.

Wennigsen, den 27.02.2020
Ingo Klokemann, SPD-Fraktionsvorsitzender
Hans-Jürgen Herr, FDP-Fraktionsvorsitzender

Einen Pressebericht zum Thema gibt's hier.